← Zurück

December 21, 2023

Jahresausblick 2024

Autor:
Pedram Babaei
Markets
Inflation und Zinsen

Die Entwicklung der Inflationsrate & des Leitzinses

Seit der Finanzkrise und vor allem seit 2013/14 kaufte die EZB (und andere westliche Notenbanken) Unmengen an Staatsanleihen. Der Bestand der im Eurosystem gekauften Anleihen belief sich auf über 5 Billionen Euro, die zum größten Teil durch die Schöpfung von Zentralbankgeld in gleicher Höhe bezahlt wurden. Die Folgen dieser expansiven Geld- und Finanzpolitik werden die Wirtschaft und die Kapitalmärkte auch 2024 prägen. Nach Ausbruch von Corona kauften die Notenbanken wieder vermehrt Anleihen, sodass es den Finanzministern ermöglichte, die Staatsausgaben massiv zu steigern. Durch die staatlich bedingt gestiegene Nachfrage auf das coronabedingt geschrumpfte Angebot an Gütern und Dienstleistungen stieß, begann die Inflation zu steigen. Trotzdem blieben die Notenbanken auf Deflationsgefahren fixiert. So änderte die EZB Mitte 2021 sogar ihren geldpolitischen Strategierahmen, um gegen künftige Deflationsphasen besser gewappnet zu sein. Zu dem Zeitpunkt war den Notenbanken die Folgen schier nicht bewusst. Sie erhöhten ihre Zinsen erst im Frühjahr (Fed) beziehungsweise im Sommer (EZB) 2022, nachdem Russlands Angriffskrieg im Februar 2022 die Energiepreise sprunghaft nach oben getrieben hatte und die Inflation für alle sichtbar geworden war. Zwar könnten Zentralbanken wie die US-amerikanische Federal Reserve (Fed) und die Europäische Zentralbank (EZB) ihre jeweilige Geldpolitik insgesamt wieder etwas lockerer gestalten. Eine Rückkehr der Leitzinsen auf die sehr niedrigen Niveaus der Vergangenheit dürfte es aber auch über 2024 hinaus nicht geben. Die gewünschte Inflationsrate von etwa 2 Prozent dürfte erst Ende 2024 erreicht werden. 

Aktienmärkte

Die gegenwärtige Dynamik der Finanzmärkte deutet darauf hin, dass steigende Renditen mit sinkenden Aktienkursen einhergehen, und umgekehrt. Es wird erwartet, dass die Renditen in den nächsten Monaten weiter abnehmen, was positiv auf den Gesamtmarkt wirken sollte. Dies hängt jedoch von der Entwicklung der Inflation und dem begrenzten Ausmaß einer möglichen Rezession in den USA ab. Solange die Inflation zurückgeht und eine Rezession vermieden wird, könnte dies den Markt unterstützen. In Bezug auf den europäischen Aktienmarkt wird darauf hingewiesen, dass eine schwache Konjunktur und hohe Inflation nicht förderlich sind. Die niedrige Bewertung des europäischen Aktienmarktes wird voraussichtlich nicht helfen, es sei denn, es zeigen sich Anzeichen für eine Konjunkturerholung, die möglicherweise ab 2024 eintreten könnte. Interessanterweise haben viele Schwellenländer trotz zahlreicher globaler Belastungsfaktoren die Krisenjahre vergleichsweise gut überstanden. Dies wird auf eine Verringerung von Haushalts- und Leistungsbilanzdefiziten zurückgeführt, was wiederum die Abhängigkeit von externer Finanzierung reduziert hat. Insgesamt gibt es Anzeichen dafür, dass einige Schwellenländer eine robuste Position in der sich wandelnden wirtschaftlichen Landschaft einnehmen.

Faktor-Investing: Small Caps mit Potenzial

Kleine und mittelgroße Unternehmen an den Aktienmärkten haben in den letzten Jahren enttäuschende Ergebnisse verzeichnet. Im Jahr 2023 verzeichnete der deutsche DAX bis zum 23. November einen Anstieg von 15%, während der MDAX nur einen Gewinn von 4% verzeichnete. Small Caps sind oft besonders von steigenden Zinsen betroffen, da diese Unternehmen in der Regel höhere Verschuldungsquoten aufweisen. Die kleinen Unternehmen sind zudem stärker auf kurzfristige Bankkredite angewiesen, während langfristige Refinanzierung über Unternehmensanleihen eine geringere Rolle spielt. Für Small-Cap-Aktien wird jedoch erwartet, dass sie 2024 Auftrieb erhalten, da die Zinsen voraussichtlich im Laufe des Jahres sinken werden. Gleichzeitig wird darauf gesetzt, dass sich die Aussichten für die Weltkonjunktur ab dem zweiten Halbjahr 2024 verbessern werden. Historisch gesehen verzeichnen Small-Cap-Aktien überdurchschnittliche Zuwächse, wenn sich die Konjunktur nach einer Rezession wieder erholt.

Rentenmärkte

Die Höchststände der Leitzinsen scheinen bereits erreicht zu sein. Es wird erwartet, dass die US-Notenbank Fed ab der Mitte des Jahres ihre Leitzinsen senken wird, insbesondere wenn die Wirtschaftsleistung in den USA nachlässt und die Fed die Fortschritte beim Erreichen des Inflationsziels als ausreichend betrachtet. Dies dürfte zu einem deutlichen Rückgang der Renditen bei Staatsanleihen führen, wobei dieser Trend vor allem in der ersten Hälfte des Jahres 2024 an Fahrt gewinnen dürfte. Die Rendite von 10-jährigen US-Treasuries könnte im kommenden Jahr durchaus auf 3,5% sinken. Gleichzeitig wird erwartet, dass die Rendite von 10-jährigen Bundesanleihen die 2%-Marke unterschreiten wird, wenngleich der Rückgang möglicherweise moderater ausfällt.


Die Wichtigkeit von ESG

Die Performance von Aktien und Fonds im Bereich erneuerbarer Energien war zuletzt oft enttäuschend. ESG-Investitionen sind von vielen der gleichen Faktoren abhängig wie Nicht-ESG-Investitionen, und in einigen Fällen kann der Gegenwind für ESG-Investitionen vorübergehend sogar stärker sein. Bei der Betrachtung von ESG-Investitionen sollte eine makroökonomische Perspektive eingenommen werden. Langfristig deutet die Marktentwicklung im Bereich fossiler Brennstoffe weiterhin auf einen rückläufigen Sektor hin. Erneuerbare Energien und andere ESG-Investitionen sollten immer im Kontext eines nachhaltigen Übergangs betrachtet werden. Die ausschließliche Investition in nicht kohlenwasserstoffbasierte Geschäftsmodelle kann diesen Übergangsprozess eher behindern als fördern. Es könnte ökologisch und finanziell sinnvoller sein, in bestehende Unternehmen zu investieren, die zwar nicht über ESG-Anlagen verfügen, sich jedoch verpflichtet haben, Umweltverbesserungen und Kohlenstoffreduktion voranzutreiben. Wenn Sie zum ESG Angebot von Bavest mehr erfahren möchten, finden Sie hier Informationen: https://www.bavest.co/de/solutions/esg-climate-solutions

Ausblick

Die ökonomischen Perspektiven für die kommenden Monate und Quartale zeichnen ein pessimistisches Bild. Es lässt sich argumentieren, dass der Euroraum bereits in einer Rezession verweilen könnte, und es besteht die Möglichkeit, dass die USA im Jahr 2024 diesem Trend folgen. Trotz einer erwarteten Abnahme der Inflationsraten dürften diese Ende 2024 weiterhin über dem von den Notenbanken angestrebten Ziel von zwei Prozent liegen. Dies impliziert, dass zu Beginn des Jahres 2024 Gegenwind für den Aktienmarkt und andere konjunktursensitive Anlagen zu erwarten ist. Aufgrund der anhaltend hohen Inflation sind die Handlungsspielräume der Notenbanken, die Zinsen zu senken, begrenzt. Zum Jahresbeginn dürfte dies zu einem erschwerten Umfeld für den Aktienmarkt und andere zyklische Anlagen wie Rohstoffe führen. Unter diesen Umständen sollte eine ausgewogene Asset-Allokation angestrebt werden, die darauf abzielt, Wertverluste zu minimieren, ohne dabei die Chancen aus dem Blickfeld zu verlieren. Stabile Renditeträger wie (Staats-)Anleihen könnten daher zu Beginn des Jahres eine bedeutende Rolle in jedem Portfolio spielen, während eine gewisse Zurückhaltung bei Aktien und Rohstoffen angezeigt ist. In einem Umfeld mit geringem Wirtschaftswachstum sollten Anleger gezielt nach Sektoren suchen, die überdurchschnittliches Potenzial bieten, wobei angemessenes Risikomanagement von Bedeutung ist. Insbesondere könnten Aktien aus den Bereichen Technologie, Nicht-Basiskonsumgüter und Kommunikationsdienstleistungen eine attraktive Option darstellen. Der Anleihenmarkt, insbesondere Unternehmenspapiere guter Bonität aus Europa und den USA, verzeichnet ein Comeback hinsichtlich Rendite. Auch alternative Anlagen wie Immobilien- und Infrastrukturinvestitionen sind interessant, jedoch mit einer höheren Schwankungsanfälligkeit.

blog

Weitere Artikel